Bauern blockierten Wohnhaus der Landwirtschaftsministerin

Die Lichterfahrt hatten Landwirte des Aktionsbündnisses "Land schafft Verbindung" abgesagt. Doch am Donnerstag Abend blockierten zahlreiche Trecker - nicht nur - das Wohnhaus von Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte.

Über dreißig Trecker waren es, die am Donnerstag Abend das Wohnhaus von Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte umzingelten. "Es waren so viele Trecker, dass sie bis zur Bundesstraße standen und im ganzen Ort", berichtet eine Anwohnerin. Keiner der Protestierenden betrat jedoch das Grundstück der Ministerin - weshalb die Polizei nicht einschritt.

Mit einem Hupkonzert wollten die Landwirte ihrem Protest gegen die Streichung der Agrardieselsubventionen im Bundeshaushalt 2024 Ausdruck verleihen. Nach ungefähr einer Viertelstunde war der Spuk vorbei. Inwieweit das Aktionsbündnis "Land schafft Verbindung" die Treckerblockaden initiiert hat, ist unklar.

Nach Augenzeugenberichten wurden auch Nachbarn "aggressiv angegangen". Außerdem wurde berichtet, dass eine Anzeige wegen Nötigung von den Polizisten vor Ort nicht angenommen wurde.

Die Polizei wollte nicht mitteilen, wieviel Polizeibeamte vor Ort im Einsatz waren. Augenzeugen haben lediglich drei Beamte gesehen, die die Trecker begleitet hatten. Rund 50 Trecker hatten zuvor den Waddeweitzer Kreisel (und auch die Dömitzer Brücke sowie andere Stellen im Landkreis) blockiert, bevor sie sich auf der B 493 Richtung Uelzen bewegten. Nach Polizeiangaben waren an verschiedenen Stellen im Kreisgebiet rund 100 Trecker unterwegs.

Von einem Polizeisprecher hieß es, dass - als deutlich wurde, wohin sich der Treckerzug bewegte - sofort Verstärkung angefordert worden sei,  die aber bis zum Ende der Treckerblockade am Ort des Geschehen nicht eintraf. Man sei aber sensibel dafür, dass das Wohnhaus der Ministerin eines besonderen Schutzes bedürfe.  

Der Demonstrationszug wurde von der Polizei begleitet, obwohl diese ihn angesichts der nicht erfolgten Anmeldung hätte auflösen können. Die Leitung habe sich jedoch gegen eine Auflösung entschieden, da man eine derartige Maßnahme nicht für verhältnismäßig hielt, zumal die Demonstrationsteilnehmer sich kooperativ verhalten hätten.

UPDATE: Ministerin Staudte hat angekündigt, Strafanzeige wegn Hausfriedensbruchs zu erstatten„Eine solche Aktion vor meinem Privathaus ist völlig inakzeptabel. Ich werde Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstatten, der Staatsschutz ist eingeschaltet. Es ist selbstverständlich legitim zu demonstrieren - auch mit Traktoren - aber nicht vor Privathäusern. Das bewerte ich als Versuch der Einschüchterung", so Staudte. Zum Zeitpunkt der Blockade seien die Kinder der Familie im Teenager-Alter allein zu Hause gewesen.

Scharfe Kritik an Aktion vom Grünen Kreisverband

"Aus unserer Sicht ist hier die Grenze des friedlichen Protestes deutlich überschritten worden", so Vorstandssprecher Markus Wölk."Wenn so viele Traktoren hupend rund um das Privatgrundstück einer Politikerin aufmarschieren, dann wirkt das durchaus bedrohlich und geht in die Privatsphäre von PolitikerInnen hinein. Es ist völlig legitim, mit einer spontanen Demonstration den eigenen Standpunkt verdeutlichen zu wollen. Wer aber mit Traktoren das Privatgrundstück einer Ministerin blockiert, muss sich schon die Frage gefallen lassen, ob es hier wirklich um einen Dialog oder nicht eher um Einschüchterung geht".  

Der Demonstrationszug wurde von der Polizei begleitet, obwohl diese ihn angesichts der nicht erfolgten Anmeldung hätte auflösen können. Die Leitung habe sich jedoch gegen eine Auflösung entschieden, da man eine derartige Maßnahme nicht für verhältnismäßig hielt.


Staudte: "Ich sehe Streichung der Agrardieselvergünstiung äußerst kritisch"

Die Landwirtschaftsministeri hatte bereits im Laufe des Donnerstag ihre Kritik an der Streichung der Agrardieselvergünstigungen kommentiert.

„Die Streichung der Agrardieselvergünstigung und den Wegfall der KFZ-Steuerbefreiung im Bundeshaushalt 2024 sehe ich äußerst kritisch. Die niedersächsischen Landwirtinnen und Landwirte können nicht einfach Agrardiesel einsparen. Sie müssen ihre Acker- und Grünlandflächen bewirtschaften und wir alle wollen, dass weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden", so Staudte. "Die Alternative sind unter anderem maschinelle Verfahren, um Beikraut zu bekämpfen – also mit Traktor, Hacke und Striegel. Langfristig werden verschiedene, alternative Antriebsmöglichkeiten auch im Fuhrpark der landwirtschaftlichen Betriebe Einzug erhalten, aber nicht von heute auf morgen. Ich fordere daher das Bundesfinanzministerium auf, schnellstmöglich Kompromisse zu prüfen".

Hintergrund (Quelle Ministerium):

In Deutschland wird für Diesel für Fahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft aktuell eine Steuervergünstigung von 0,2148 Euro pro Liter gewährt (der Normalsteuersatz beträgt 0,47 Euro pro Liter). Nach den gestern vorgestellten Plänen der Bundesregierung soll diese Agrardieselvergünstigung für den Bundeshaushalt 2024 wegfallen. Im Wirtschaftsjahr 22/23 verzeichnete der durchschnittliche niedersächsische Haupterwerbsbetrieb einen Materialaufwand für Treib- und Schmierstoffe von ca. 21.000 Euro und somit eine Agrardieselrückerstattung von ca. 3.500 Euro.

Die mit dem Wegfall der Dieselvergünstigung verbundenen Kostensteigerungen können im Binnenmarkt kaum beziehungsweise nicht weitergegeben werden. Hinzu kommen kumulative Effekte durch den gleichzeitigen Anstieg der CO2 Bepreisung und den Wegfall der KFZ-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft. Der Wegfall der KFZ-Steuer kann Mehrbelastungen von bis zu 1.000 Euro je Schlepper und Jahr, je nach Alter und Leistung, nach sich ziehen.

Mit Wegfall der beiden Vergünstigungen wäre eine nicht hinnehmbare Wettbewerbsverzerrung gegenüber den Nachbarländern verbunden, die sowohl Subventionen für Agrardiesel wie auch KFZ-Steuerbefreiungen etabliert haben.





2023-12-15 ; von Angelika Blank (text),
in 29496 Waddeweitz, Deutschland

landwirtschaft   protest  

Kommentare

    Sie müssen registriert und angemeldet sein um einen Kommentar schreiben zu können