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Digitalisierung in der Schule? Erst mal das Stromnetz erneuern

Eigentlich könnte jede Schule viel Geld für eine Verbesserung der digitalen Struktur erhalten. Eigentlich. Aber in vielen Schulen müssen erst grundlegende Sanierungen stattfinden, bevor an Internetanwendungen gedacht werden kann.

Seit ganze Schulen von heute auf morgen den Unterricht per Homeschooling organisieren müssen, wurde das Thema "Digitalisierung" bei den Schulträgern zum Thema Nummer Eins. Doch angesichts Stromversorgungsnetzen ohne Schutzleiter, lückenhaften Netzwerkkabel-Strukturen oder unzureichenden LAN-Leitungen verzögern den Weg in die digitale Schule. 

Sieben Milliarden Euro stellt der Bund für die Optimierung von digitaler Struktur zur Verfügung. Doch von diesen Geldern waren bis Ende des Jahres unter zwei Millionen Euro abgerufen worden.  Warum das so ist, berichtete Dagmar Schulz, Fachdienstleiterin Jugend, Schule, Bildung in der Kreisverwaltung , am Mittwoch vor dem Kreisschulausschuss. "Wir müssen zunächst die Voraussetzungen schaffen, um die Anforderungen des Digitalpaktes zu erfüllen," so Schulz. "Erst wenn die technischen Grundstrukturen funktionieren, können wir Anträge stellen. Zunächst geht es darum, für jede der 25 Schulen im Landkreis einen eigenen Bedarfsplan aufzustellen und ganz gut zu analysieren, denn das Geld wird nicht für alles reichen, was notwendig wäre."

Und nicht nur das: "Um eine Förderung aus dem Digitalpakt zu erhalten, müssen wir umfassende Konzepte einreichen - nicht nur im Bereich Technik. Gefordert werden auch medienpädagogische und Fortbildungskonzepte, die beschreiben wie digitalgestützter Unterricht langfristig umgesetzt werden soll," so Dagmar Schulz.

Keine Schutzleiter und mangelhafte Netzwerk-Kabelverbindungen

Die Anschaffung von Endgeräten wie Tablets, Notebooks und Laptops ist hierzulande nicht wirklich das Thema. Die meisten Geräte konnten über ein Sofortausstattungsprogramm beschafft werden. Was viele Schulen hindert, den Schulbetrieb digital so zu gestalten, wie es zur Zeit notwendig wäre, ist vor allem die mangelhafte Zustand der technischen Infrastruktur.

Wie tiefgreifend diese Ausstattungsmängel sind, machte kürzlich eine Bereisung der Schulen durch den Fachdienst Schule zusammen mit Fachkräften aus Pädagogik, Technik und Administration deutlich: an vielen Schulen müssen zunächst grundlegende Sanierungen der Stromversorgung und/oder der Netzwerkkabelstruktur durchgeführt werden, bevor Anträge für Gelder aus dem Digitalpakt gestellt werden können.

Immer wieder ist nicht einmal die Stromversorgung mit Schutzleitern vorhanden wie zum Beispiel in der Bernhard-Varenius-Schule in Hitzacker. Auch Netzwerkkabel sind dort nur unzureichend verlegt. Der Aufbau eines vollständigen kabelgebundenen Netzwerks ist in dieser Schule wegen des Grundrisses so kompliziert, dass nun Spezialisten für technische Gebäudeausrüstung beauftragt werden sollen. Teilweise ist auch die WLAN-Ausstattung so ungenügend, dass nicht alle Räume erreicht werden können. 

Elbauenschule Gartow: eine Schule mit zwei Schulgebäuden

Die Elbauenschule in Gartow ist besser aufgestellt. Doch wenn die Schulsekretärin telefonieren muss, muss sie damit rechnen, dass sie kein Freizeichen bekommt, weil alle drei vorhandenen Sprachkanäle belegt sind. In "Corona"-Zeiten, wo über 200 SchülerInnen im schuleigenen Netz arbeiten müssen, hat sich das Problem verschärft. "Die Datenmengen, die parallel durchgeschleust werden können, sind einfach zu gering," so Andreas Widow, Schulleiter der Elbauenschule. 

Homeschooling für über 200 SchülerInnen ist so nicht möglich, wobei Gartow noch ein Spezialproblem hat. Seit: der Zusammenlegung gelten Grundschule und Oberschule als eine Schule. Sie sind aber weiterhin in zwei getrennten Gebäuden untergebracht. Heißt: es gibt Förderung für eine Schule, die aber de facto für zwei auf Abstand stehende Schulgebäude eingesetzt werden muss.  

Um die Infrastruktur zu optimieren, müssen in Gartow zunächst insgesamt über 400 000 Euro für Netzwerkaufbau, Elektrik für die Digitalisierung sowie Fachplaner ausgegeben werden.

1,9 Mio Fördergeld - doch vieles ist nicht mitgedacht

Andreas Widow ist es wichtig, zu betonen, dass der Schulträger, also der Landkreis Lüchow-Dannenberg, nicht verantwortlich ist für die marode Ausstattungs-Situation der Schulen. "Wir haben eine gute Zusammenarbeit mit dem Landkreis," betont er. "Man hätte es ahnen können, dass etwas getan werden muss, aber das Geld war nie da."

Für den Alltagsbetrieb vor "Corona" hatte er nach eigenen Angaben immer ein ausreichendes Budget. "Ich konnte im Grunde anschaffen, was ich brauchte." So konnten peu á peu im Laufe der Jahre alle Klassenräume mit interaktiven Tafeln ausgestattet werden.

Im Fachbereich Schule des Landkreises ist Mensch intensiv damit beschäftigt, Anträge für Förderungen aus dem Digitalpakt vorzubereiten. Vier Vollzeitangestellte stehen für die gesamte Arbeit des Fachdienstes zur Verfügung, wobei die Alltagsaufgaben zusätzlich abzuarbeiten sind. "Wir hecheln nur noch hinterher," war aus dem Fachdienst zu hören. Zusätzlich ist ein IT-Fachmann aus der EDV-Abteilung abgeordnet, der seit Januar nur damit beschäftigt ist, 500 iPads "fertig zu machen", heißt Software aufspielen, das iPad ins Netzwerk einbinden etc. etc.

Dabei geht es nicht nur darum, alle notwendigen Unterlagen für die Antragstellung zusammenzustellen, sondern angesichts knapper Finanzierungsmittel "sorgfältig zu analysieren", wie Dagmar Schulz es ausdrückte. "Bei der Ausstattung des Digitalpaktes wurde einiges nicht bedacht," so Schulz. "Zum Beispiel können Folgekosten wie Wartung oder Reparaturen nicht beantragt werden."

So geht es im Fachdienst darum, mit spitzem Bleistift und kluger Planung das Bestmögliche herauszuholen, damit die Schulen auch nach Pandemiezeiten digital zukunftsfähig gerüstet sind. Und das braucht Zeit.





2021-03-06 ; von Angelika Blank (autor),
in Lüchow-Dannenberg, Deutschland

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