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Harms: Dieser Konflikt ist für einen Rechtsstaat nicht mehr tragbar

Nach der Einfahrt des Castorzuges in den Verladebahnhof Dannenberg zogen Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament und Stefan Wenzel, Fraktionsvorsitzender im niedersächsischen Landtag am Montag Vormittag eine Zwischenbilanz des laufenden Castortransports.

„Wir können feststellen, dass dieser Castortransport bis jetzt eine erhebliche Verspätung hat. Damit ist der Transport keineswegs so reibungslos durchgeführt worden, wie sich die Einsatzleitung erhofft hatte“, so Rebecca Harms. Die Gründe dafür ortet Rebecca Harms einerseits darin, dass sehr viel mehr Menschen sich aktiv an den Widerstandsaktionen und ihrer Unterstützung beteiligt haben als die Jahre vorher. „Zum Anderen ist der Polizeieinsatz an seine Grenzen gestoßen. Hier muss man sagen, dass die offiziell genannten knapp 17 000 Einsatzkräfte nicht mehr ausreichen, um den in den vergangenen Jahren punktgenauen Einsatz zu gewährleisten.

In Harlingen hatte sich Rebecca Harms einen leibhaftigen Eindruck davon machen können, was es heißt, wenn ein Polizeieinsatz an seine Grenzen stößt. „Ich habe während des ganzen Tages versucht, herauszufinden, ob es eine Räumungsstrategie für die komplizierte räumliche Situation in Harlingen gibt und wie diese aussieht“, so Rebecca Harms. Doch schon mittags hatten ihr Einsatzleiter in Harlingen erklärt, dass „nachdem, was in Leitstade passiert ist, die Polizei keine Langmut mehr habe.“

„Es kann aber nicht sein, dass eine kleine Gruppe Autonomer, die am frühen Morgen bereit zur Eskalation waren, der Grund für einen derartigen harten Einsatz war“, kritisierte Harms die harte Reaktion auf den Anfang der Widersetzen-Aktion, bei der nach Augenzeugenberichten eine Demonstrantin durch Pferdetritte Demonstrantin verletzt worden war. „Mir sind am Sonntag ansonstsen nur gewaltfreie Aktionen bekannt geworden.“

Harms äußerte Verständnis dafür, dass sich Polizeibeamte nach einem zum Teil 40-stündigen Einsatz ohne Schlaf nicht mehr ganz so verhalten, wie es geplant war. „Das ist nur ein weiterer Grund, warum es auch für die Polizei so nicht weitergehen kann." Auch beide Gewerkschaften der Polizei hatten am Sonnabend die Einsatzleitung aufgefordert, den Castor in Dahlenburg stehen zu lassen, um Kräfte zu schonen. Die vorgeschriebenen Ruhezeiten waren nach Auskunft des stellvertretenden Landesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Knut Hallmann, bereits am Samstag Abend weit überschritten.

"Aber auch für die Bevölkerung kann es nicht sein, dass der politische Konflikt über die Atomenergie auf ihrem Rücken ausgetragen wird. Die Politik muss endlich dafür sorgen, dass eine verantwortliche Diskussion auch über die Strategie der Polizei geführt wird", so Harms weiter.

Gesellschaftliche Kritik verschärft

Im Vergleich zum Castortransport 2008 hat sich die Anzahl der Protestierenden im Wendland nach Harms Erkenntnissen verdreifacht. „Völlig neu ist auch die Breite des politischen Bündnisses. Der Widerstand im Wendland war schon immer ein Mehrgenerationenprojekt, doch nun unterzeichnen auch Kirchen, Gewerkschaften und andere gesellschaftlich relevante Gruppen Aufrufe und Statements der Bürgerinitiativen. Kein Wunder, denn nach einer Greenpeace-Umfrage sind immerhin mehr als 80 % der Bevölkerung gegen die derzeitige Atompolitik.

Stefan Wenzel kritisierte vor allem die Landesregierung Niedersachsens, die „ihre Mitspracherechte ohne Not aufgegeben habe“. Vor der Bundesregierung steht unser Landeskabinett völlig hilfslos da und lässt sich auch von anderen Ländern beeindrucken, die offen damit drohen, die Republik anzuzünden, wenn in ihrem Bundesland ein Endlager gesucht wird. (z.B. Bayern)“.

Wenzel fordert die Landesregierung auf, endlich zu handeln und der Bundesregierung gegenüber deutlich zu machen, dass bei diesem Castortransport die demokratischen Grenzen endgültig überschritten wurden.

Foto: Rebecca Harms und Stefan Wanzel bei der Pressekonferenz in Dannenberg




2010-11-08 ; von Angelika Blank (autor),

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