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Marx und Engels: Ein „Kurzkurs“ von Minister Schünemann

Jetzt endlich, laut Curd Jürgens „auf dem Weg zum Greise", weiß ich, warum ich als kleiner Junge mit dem immer etwas schlodderigen Jungen, dem Sohn vom Hanomag-Arbeiter von drei Häusern weiter, nicht spielen sollte. Mit dem, vom dessen Eltern man sagte „Das sind Kommenisten. Die ham‘ ‘n Bild vom Marx in der Küche“...

Wer „Marcks“ war? „Sowas wie‘n Russe“, erfuhr ich. „Der Russe“, das hatte ich schon gelernt, war noch schlimmer als der liebe Gott, der böse wird und mit Gewitterdonner schimpft, wenn Jungens ihren Spinat-Teller nicht aufessen.

Warum der Marx wirklich ein Schlimmer war und bleibt: Jene Einsicht verdanke ich aber nicht etwa einem Studium in ML (Was gaaanz doll Böses: Marxismus-Leninismus), sondern einem Mann, der – wie der Apostel Paulus - fast immer weiß, was wirklich gut ist und was böse. Also: Der große Weise heißt Uwe Schünemann. Der ist Innenminister. In Hannover. Und der hat einen Brief bekommen. Von einem LINKEN. Die mögen den Marx. Und einer von denen heißt Victor Perli. Der sitzt im Landtag. Als Abgeordneter. Und der wollte etwas von der Landesregierung, wissen. Wie denn ihr Verhältnis ist zu den Werken von Karl Marx. Also zu seinen Büchern und was da drin steht.

„Vorbild linksextremistischer Bestrebungen“

Der nette Innenminister schrieb jetzt zurück. Und weil er so nett ist, schrieb er auch noch gleich etwas von einem Friedrich Engels. Das war ein Freund von Karl Marx. Erst mal schreibt der nette Minister ganz was Nettes: „Dem Werk von Karl Marx und Friedrich Engels verdanken wir wichtige Erkenntnisse. Mit ihrem Blick auf die sozialen Auseinandersetzungen im Laufe der Geschichte haben sie grundlegende Beiträge zur Entwicklung der Geschichte und Funktionsweise des Kapitalismus veröffentlicht und somit einen nicht unerheblichen Beitrag zur sozialwissenschaftlichen Gesellschaftsanalyse geleistet.“

Aber dann hebt Uwe Schünemann schon ein wenig den Zeigefinger. Und dann warnt uns der Minister: „Gleichwohl ist ihren (also Marx‘ und Engels‘) Arbeiten neben der wissenschaftlichen Komponente auch eine ideologische Dimension eigen, die sich vor allem im marxistischen Menschenbild und im Demokratieverständnis widerspiegelt. Sie machte beide zum geistigen Vorbild linksextremistischer Bestrebungen und kommunistischer Diktaturen.“ Aha! Also doch was Böses!

Und dann schreibt und zitiert der fleißige Minister ganz viel. Und was für schwierige Wörter! Da steht dann was von „Diktatur des Proletariats“. Und was von „Bourgeoisie“. Und was von „repressivem zentralistischem System“.

Ach, hätte ich mir doch vor Jahrzehnten das Geld für die dicken blauen Bände mit den Werken der beiden „Kommenisten“ nebst schwer verdaulicher Lektüre und diverse Sekundärliteratur gespart und auf Schünemanns Kurzkurs in Sachen Marx und Engels gewartet!

Offiziell heißt die kleine Lehrstunde natürlich „Antwort der Landesregierung“. Wer sie ganz lesen will, klicke auf den Link

Foto: Wikipedia / Manfred Brückels / Marx-Engels-Denkmal in Berlin




2011-04-15 ; von Hagen Jung (autor),

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