Thema: geschichte

Mauerbau: Gedächtnisaktion endet in Beinahe-Schlägerei

Für die eingesetzten Polizisten war es nur ein „Aufeinanderprallen unterschiedlicher politischer Auffassungen“ - die Beteiligten regten sich noch etwas länger auf: anlässlich einer Gedächtnisaktion zum Jahrestag des Mauerbaus kam es vor dem Kreisbüro der LINKEN zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Junger Union und Linken-Anhängern.

Heute, am 13. August 2009, jährt sich der Beginn des Mauerbaus in Berlin zum 48. Mal. Für die Junge Union Lüchow-Dannenberg (JU) Grund genug, an die Folgen dieser schwerwiegenden DDR-Entscheidung und an die vielen Mauertoten im Laufe der Jahrzehnte zu erinnern.

Mit Original-VOPO-Uniform, DDR-Fahne und einigen Ytong-Steinen zogen rund 10 Junge Union-Anhänger vom Marktplatz vor das Partei-Kreisbüro der „Linke“, um dort mit einer kleinen Aktion an den Mauerbau zu erinnern: per Megaphon wurde an die Opfer der deutschen Teilung erinnert, aus den Steinen sollte symbolisch eine Mauer errichtet werden. Doch dazu kam es nicht. Linke-Büroleiter Hermann Taubenberger und der zufällig anwesende Thiele Schlesier aus Dannenberg, ebenfalls Linke-Mitglied wehrten sich lautstark gegen die Aktion der Jung-CDUler. Nachbarn mischten sich ein und flugs kam es zu einer kleinen Rangelei, die beinahe zu einer Schlägerei ausgeartet wäre.

Warum sind die Jung Unionler ausgerechnet vor das Linke-Büro gezogen? Uwe Dorendorf, stellv. Kreisvorsitzender der CDU: „Gerade die westdeutsche Linke wollten wir daran erinnern, dass sie sich innerparteilich immer noch nicht von der SED und vom Mauerbau distanziert haben.“ Andere CDU-Anwesende erinnerten daran, dass der derzeitige Landesvorsitzende der Linken, Diether Dehm, es sich nach einem Gerichtsbeschluss gefallen lassen muss, Stasi-Agent genannt zu werden, Deckname IM Willi. In ihrem Flugblatt, dass die JU-Mitglieder während der Aktion verteilten, ist es nur ein Satz, der die aktuellen Linke-Mitglieder vermutlich aufbrachte: „Noch heute behaupten Vertreter der SED-Fortsetzungspartei „Die Linke“, die Mauer habe 1961 den Frieden in Europa und der Welt erhalten.“ Zitiert wurde aus den bayerischen Verfassungsschutzinformationen für 2001.

Christian Carmienke, Kreistagsmitglied für die CDU, erstaunte die Aggressivität der anderen Seite: „Ein seltsames Demokratieverständnis offenbarte sich uns da: wir wurden lautstark beschimpft, uns wurden Schläge angedroht und von Nachbarn, die sich einmischten, wurde eine Schulterklappe der Uniform abgerissen, obwohl unser Aufzug ganz offiziell angemeldet und genehmigt war.“

Thiele Schlesier, Linke-Mitglied, war von der Aktion völlig überrascht. „Ich habe nur die Uniform mit der DDR-Fahne gesehen. Schon davon habe ich mich gestört gefühlt. Doch richtig beleidigt fühle ich mich als Linke-Mitglied durch die Gleichsetzung der Linken mit DDR-Unrecht. Das kann ich so nicht hinnehmen.“ Büroleiter Hermann Taubenberger erinnert die Aktion an andere Zusammenschlüsse: „Diese Aktionsform haben sie sich bei den Rechtsradikalen abgeguckt. Ein derartiges Auftreten kannte ich bisher nur von der NPD. Das zeigt eine neue Qualität in den öffentlichen Aktionen der CDU.“ Für Taubenberger und Schlesier ist die Aktion der JU „die übliche Propaganda von Leuten, die sich mit der Parteigeschichte der Linken nicht auseinandergesetzt haben". Für ihn entbehren die Vorwürfe jeglicher Grundlage. „Das ist auch eine Ohrfeige ins Gesicht der DDR-Bürger, denn die DDR wird nur auf Stasi, Stacheldraht und Mauerbau reduziert“, so Taubenberger.

Das eigentliche Thema, die Erinnerung an den Mauerbau vor fast fünfzig Jahren, kam bei den parteilichen Auseinandersetzungen etwas kurz. 28 Jahre lang mussten die DDR-Bürger in ihrem „Käfig“ bleiben, waren dem Unrechtsregime ausgesetzt. 28 Jahre, in denen Familien getrennt waren und politische Gegner des Systems mit harten Strafen rechnen mussten. Nicht zu vergessen natürlich die – namentlich bekannten – 136 Mauertoten, die entweder von Grenzsoldaten erschossen wurden oder bei einem Fluchtversuch tödlich verunglückt sind. Andere Berechnungen gehen gar von über 200 direkten Mauertoten aus. Wer sich über die Geschichte des Mauerbaus genauer informieren möchte, dem seien die Seiten des Deutschen Historischen Museums  empfohlen, auf denen die deutsche Teilungsgeschichte recht anschaulich dokumentiert ist.

Noch kurz nach der Aktion wurde von beiden Seiten über eine Anzeige nachgedacht – doch bisher ist bei der Polizei nichts eingegangen. So bleiben wohl gegenseitiger Ärger und ein abgerissenes Schulterstück vermutlich die ärgsten Folgen des Konflikts.

Foto: JU




2009-08-13 ; von Angelika Blank (autor),

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